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Das Lied von der Glocke op.45

Das Lied von der Glocke op.45 Max Bruch

Soli, Chor, Orchester und Orgel
Studienpartitur

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Study Score 449

Die Glocke, Oratorium nach Das Lied von der Glocke von Friedrich Schiller, op. 45 (1872)

Program Notes
Am 8. Januar 1879 teilt Max Bruch seinem Verleger Simrock folgende Gedanken zur Widmung seines letzten, noch unveröffentlichten Oratoriums brieflich mit: «Unter den jetzigen bedeutenden Musikern ist keiner, dem ich das Werk zuschreiben möchte. Brahms hat die Zueignung meiner 1. Symphonie nie erwidert - und einer von den dii minorum gentium soll die Glocke nicht haben. Fürsten mag ich auch das Werk nicht widmen, weil ich weder goldene Dosen, noch Titel noch Orden will - Was bleibt nun übrig? Das Einzige, was zugleich das Beste und nach meiner innersten Überzeugung das allein Richtige ist, die Glocke dem Andenken des außerordentlichen Mannes, dem die Nation und die ganze Menschheit dieses wahrhaft unvergleichliche Gedicht verdankt, zu weihen. . Meine Verehrung für Schiller ist eine unbegrenzte, ich habe immer eine Gelegenheit herbeigewünscht, dieser pietätvollen Gesinnung einen starken Ausdruck zu geben. »

Tatsächlich findet sich dann in der Partitur zum Lied von der Glocke die posthume Widmung an den großen Literaten - oder um mit Schiller zu sprechen: Hier hat «das Herz zum Herzen» gefunden, denn Bruch, «festgemauert» in der Tradition und Ideenwelt des 19. Jahrhunderts, fand seine Ideale in Schillers 1799 entstandenen Glocke vollends wieder. Dabei ist das Schillersche Gedicht zunächst einmal von seiner Anlage her nicht unbedingt zur Vertonung prädestiniert, und nur wenige Komponisten hatten sich zuvor daran versucht. Einzig Andreas Romberg (1767-1821) war mit seiner Glocke in Erscheinung getreten. In der Anlage ähnlich wie die Vertonung Bruchs, war seine Komposition bei Amateurgruppen recht beliebt und gelangte sogar häufiger zur Aufführung.

Die Arbeit an der Glocke begann Bruch Anfang 1877 in Bonn, der zweite Teil wurde aber überwiegend in Bergisch Gladbach skizziert. Ende des Jahres war der Entwurf abgeschlossen, am 8. Januar 1878 begann Bruch mit der Reinschrift der Partitur und zum Osterfest am 21. April 1878 war diese fertiggestellt.

Der Verleger Simrock war zunächst sehr zurückhaltend hinsichtlich der Druckübernahme, einerseits waren Oratorien in der Herstellung sehr teuer, andererseits verkaufte sich Bruchs zuvor bei Simrock erschienenes Oratorium Arminius nur sehr schleppend. Bruch indes, von der Qualität seiner Glocke schon der Vorlage wegen überzeugt, ließ auf eigene Kosten handschriftliches Aufführungsmaterial herstellen, so dass schon am 12. Mai 1878 die Uraufführung unter seiner Stabführung im Kölner Gürzenich stattfinden konnte. Bruch teilte Simrock dieses in einem Brief mit, im Vorgriff auf eine schon geplante Aufführung in Birmingham in englischer Sprache: «Mr. and Mrs. Simrock and the whole family are invited to come to Cologne Sunday Mai (sic!) 12th, to ring the bell, bum, bum, bien, bien, klingeling. First Performance of Mr Bruch's new work: The lay of the bell. Orchestra: 2.000, Chorus: 10.000. The soli sung by Gatschakoff, Andrassy, Bismarck, Disraeli! < Concord! concord! > Yours truly ... M. Bruch (Glöckner).»

Simrock zeigte sich allerdings «not amused« angesichts dieser und einer ganzen Reihe weiterer Manuskriptaufführungen, die recht erfolgreich waren und für einen Verleger in spe erhebliche Einnahmeverluste darstellten. So übernahm er schließlich doch schon 1879 das Werk als op. 45 in sein Verlagsprogramm, nachdem Bruch aus den Erfahrungen der Proben und der Aufführungen heraus noch letzte Hand an die Partitur gelegt hatte.

Die Kritiker bescheinigten Bruch den Erfolg seiner Arbeit, lobten insbesondere die Dramatik der Chorpassagen sowie die gelungenen tonmalerischen Elemente der Musik. Tatsächlich hat Bruch in diesem Werk alle Register seiner kompositorischen Fähigkeiten gezogen. Neben den für Bruch typischen melodischen Passagen gibt es polyphon gearbeitete und stark tonartlich modulierende Abschnitte, und auch seine Vorliebe für das Volkstümliche verleugnet Bruch nicht: Im Satz Holder Friede werden sogar 4 Takte aus dem Weihnachtslied Stille Nacht zitiert.

Insgesamt besteht Bruchs Glocke aus zwei Teilen mit zusammen 27 Nummern. Auch wenn einige Nummern nahtlos aneinander anschließen, so lassen sich doch die einzelnen Abschnitte stets den traditionellen Grundtypen Rezitativ, Arioso, Ensemble und Chorpassage zuordnen.

Bruch selbst war sich sicher, mit diesem Werk neue Maßstäbe gesetzt zu haben. Über ein Oratorium gleichen Inhalts von Bernhard Scholz, Bruchs Vorgänger im Dirigentenamt des Breslauer Orchesters, schreibt er an Simrock im Jahr 1887: «Das Schillersche Gedicht ist zwar frei (den Musikern gegenüber vogelfrei) und jeder kann es komponieren, da es sich nicht wehrt. Vor mir waren nur kleine Leute wie Romberg, Nicolai etc. da - jetzt aber ist seit Jahren meine Musik zur Glocke da. Ich darf sagen, daß ich dem Schillerschen Gedicht auf manche Jahre hinaus die bestimmte musikalische Form gegeben habe. Es gehört deshalb ein ungewöhnlich hoher Grad von Selbstüberschätzung und Unverschämtheit und Verblendung dazu, mich, wie es Herr Scholz tut, auf meinem eigensten Gebiet direkt anzugreifen.»

Angesichts der Tatsache, dass Bruchs gesamtes Oratorienschaffen heute nahezu in Vergessenheit geraten ist, mag man über diese Äußerungen schmunzeln. Bruchs Glocke wird heute eher zu Ehren des großen Dichters denn zu Bruchs Andenken gespielt (so z.B. vergleichsweise häufig im Schillerjahr 2005). Anders als bei Bruchs Instrumentalwerken liegt dies jedoch nicht allein in der Musik selbst begründet, sondern auch in der Tatsache, dass weltliche Oratorien grundsätzlich in der heutigen Musikpraxis etwas stiefmütterlich behandelt werden - Bruch hatte hier auf ein musikalisches «Auslaufmodell» gesetzt. Die vorliegende Taschenpartiturausgabe mag dem Leser und Hörer dieser Musik die Möglichkeit geben, dieser historischen Entwicklung einen eigenen «Kontrapunkt» entgegenzusetzen.

Wolfgang Eggerking, 2005
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Product information
Order id: 597275
Difficulty: 5
Duration: 1:49:26 min
Pages: -
publisher id: MPH 449
EAN: 9990000295715
Composer: Max Bruch
Arranger: -
Publisher: Musikproduktion Höflich
Instrumentation: Kammermusik / Ensemble

Demos
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