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Johann Obersteiner

Johann Obersteiner Komponist

Geburtsdatum: 08.10.1824
Sterbedatum: 24.03.1896

Selbstbiografie des Johann Obersteiner
Um den oft ausgesprochenen Wünschen meiner Kinder, "ihnen meine wichtigsten Erlebnisse aufzuschreiben", nachzukommen, soll dies hiermit geschehen.

Am 8. Oktober 1824 ward ich zu Zell am Ziller geboren. Mein Vater Johann Obersteiner war dortselbst Forstwart und wurde im Jahre 1825 zum Förster in Kirchberg im Brixenthale befördert. Dort bin ich aufgewachsen und ging in meinem 5. Jahre in die Schule. In dem ich schon in meiner Jugend große Freude an der Musik zeigte (mein Vater war selbst Baßsänger, Violinspieler, Flötist und ein besonders guter Zitherspieler), so nahm mich Herr Lehrer Josef Wörnhart, der ein tüchtiger und besonders guter Organist war, in Unterricht im Gesange, und da ich besonders für die Orgel so eingenommen war, auch im Orgelspiel. Als Lehrbuch dienste Preindls Generalbaßlehre und ein leichtfasslicher im Generalbaßspielen von Dominikus Schichtle, Lehrer zu Reit bei Kitzbühel. Schichtle war selbst ein tüchtiger Organist. Das Generalbaßspielen war in damaliger Zeit gang und gäbe. So macht ich im Gesange und besonders im Orgelspiele große Fortschritte, so daß ich 10 Jahre alt beim 40stündigen Gebete in Brixen beim Stundgebete, am Faschingdienstag beim Hauptgottesdienste und in der Hl. Nacht dann in Zell am Ziller, wohin mich mein Vater nach dem Tode meiner Mutter Maria, geb. Platzer, zu Verwandten mitnahm, die Orgel und die Bühler'sche Fis-Moll-Pastoralmesse spielen durfte.

Im Jahre 1836 sollte es ans Studieren gehen, nachdem mich der damalige Koadjutor Hw. Herr Joseph Lampoldinger vorbereitet hatte. So kam ich nach Innbruck und wurde auch als Schüler im Musikverein unter Herrn Kapellmeister Karl Mayer aufgenommen. Meine beiden Herren Lehrer waren für Gesang Rainer und für Klavier Haller. Dort machte ich eben auch gute Fortschritte und hörte gerne den Organisten zu, wenn ich dazu irgend eine Gelegenheit fand. Bei den Gottesdiensten sang ich Alt, ging auch auf andere Chöre um Alt zu singen und wurde überall gut aufgenommen. Da trat mit einemmale ein Wendepunkt für mich herein, dies war die Aufführung der Schöpfung von Jos. Haydn durch den Musikverein, wobei ich als Altist mitzuwirken hatte; so auch eine spätere Aufführung von C. M. Weber's Pretiosa, wobei ich ebenfalls als Altist mitwirkte. Diese beiden Aufführungen kehrten meine Gedanken der Musik zu und dem Studium ab, dazu kamen andere Gründe, und so verließ ich im Fasching 1838 Innsbruck und kam nach Hause.

Zu Hause angekommen war aber auch kein Instrument mehr sicher. Alles, was mir unter die Hände kam: Violine, Flöte, Klarinette, Horn, Trompete, Posaune, mußte gelernt werden; Hr. Wörnhart ließ mich immer die Orgel spielen, sogar an Sonn- und Festtagen, da ich mir in Innsbruck von den dortigen Organisten vieles gemerkt hatte. Da kam unerwartet für den Vater das Decret, das ihn zum Förster I. Klasse nach Pellersee beförderte und so zogen wir Mitte Mai 1838 nach Fieberbrunn. Dort fand ich, weil ich eine schöne Schrift hatte und auch flink schrieb, Anstellung beim dortigen k.k. Hüttenamte mit einem kleinen Taggelde und wirkte auch auf dem dortigen Kirchenchore mit. Auch unterrichtete ich einige junge Hüttenarbeiter auf Blasinstrumenten, die ich wohl selbst nur nothdürftig konnte, und so schlossen sich auch ältere Musikanten uns an und wir brachten eine nicht üble Musikbande zusammen. Mit Musikalien versah mich Hr. Wörnhart, welche ich zu unserem Gebrauche abschreiben durfte. Eine kleine Musikproduktion erwarb uns die Gunst des damaligen k.k. Kontrollors Anton v. kapeller, der uns, weil wir kein Probelokal hatten, im Amtshause ein Zimmer anwies, so konnten alle Sonn- und Festtage Nachmittags 3 bis 4 Stunden wir uns üben und Proben halten, oftmals ich als Kapellmeister. Herr Kontrollor hatte die größte Freude und kam immer zur Probe, oftmals in Begleitung mit einem mächtigen Kruge Bier.

Als im Frühjahr 1840 der neue Lehrer Herr Joseph Schmelz nach Fieberbrunn kam, der eben ein tüchtiger Musiker und Organist war, übernahm er dann die Musikleitung.

Dieses Jahr sollte jetzt für mich entscheiden: wie, was, wohin ? Mein Vater bat daher den damaligen ehrwürdigen Hochw. Herrn Pfarrer Johann Nep. Wolf um Rath und da dieser mich in den Leistungen in der Musik zu gut kannte, so meinte er, man könne sich nach Salzburg wenden, vielleicht wäre dort für mich ein geeignetes Plätzchen zu finden. Allein in Salzburg kannte mein Vater leider keinen Menschen und so übernahm es Hochw. Herr Pfarrer selbst und schrieb Herrn Chorregenten Strobl nach St. Peter, den er persönlich sehr gut kannte. Bald darauf kam ein Brief von Herrn Strobl, welcher lautete, daß mit Ende Juli zwei Plätze leer werden, daß ich kommen könne und zwar auf Jakobi, weil dort das 40st. Gebet ist und daß ich, wenn ich die Prüfung bestehe, sofort als Musiker aufgenommen werde.

So reisten "der Vater und ich" am 22. Juli nach Salzburg und kamen Abends an, wo wir noch Hochw. Hrn. Chorregenten uns vorstellen konnten, der dann sagte: Morgen haben wir um 7 Uhr feierliches Amt, da könnte ich meine Prüfung ablegen und die werde dann schon das Richtige entscheiden. Und so kam der 23. Juli 1840, der Tag der Entscheidung - für mich denn auch die Lebensfrage. Mit schwerem Herzen trat ich mit meinem Vater den Weg nach St. Peter an. Am dortigen Chore, wohin ich mit Herrn Choerregenten ging, waren lauter mir unbekannte Herren, die von meiner Prüfung, die ich jetzt in ihrer Gegenwart ablegen sollte, schon wußten. Zuerst mußte ich Tenor singen (ich hatte damals eine Tenorstimme), dann Orgel spielen. Das Resultat war, daß mich nach dem Gottesdienst Herr Strobl als Musiker aufnahm und ich somit wie alle Musiker Mittag- und Abendkost erhielt. Als es sich um die Quartierfrage handelte, so meinte Herr Chorregent, daß in 8-10 Tagen Quartiere frei werden, da Ende Juli die Ferien eintreten, und da würde er schon für mich um ein Quartier sorgen, vorderhand habe er im Oratoriengange ein freies Zimmer und da könnte ich einstweilen bleiben. Indem mein Vater ncoh am selben Tage um 9 Uhr Vormittags nach Reichenhall fuhr, so war ich ganz allein. Nach dem Essen um 1/2 1 Uhr mußte ich bei der Singstunde, die Herr Strobl mit den Singknaben alle Tage selbst hielt, das Pianoforte spielen und so alle Tage und er war mit mir recht zufrieden; ich aber lernte dabei ungemein vieles. Am Jakobitag (1 Tag des 40st Gebetes) mußte ich beim 7 Uhr Amt und so alle drei Tage die Orgel spielen. Welch großen Eindruck die 3 Hochämter, Vespern und Lytaneien auf mich machten, läßt sich nicht beschreiben, und muß es daher ganz kurz mit den Worten bezeichnen: ich war da ganz Aug und Ohr. Eine für mich ganz neue, ungehörte, mächtige Musik! Und eine wahre Freude bemächtigte sich meiner!

Die Zeit, wo die Studenten in die Ferien gingen, war längst vorüber, aber es war keine Spur, daß ich in ein anderes Quartier übersiedeln sollte, ich blieb bei Herrn Strobl. Da er zugleich auch Consistorial-Expeditor war, so mußte ich ihn alle Tage um 9 Uhr zur Kanzlei hin und um 3/4 12 Uhr nach Hause begleiten. Bei den täglichen Singstunden hatte ich selbst große Übung im Generalbaß spielen; so war es dann auch sein Wille, daß ich täglich zum Conventamt gehe und mit Choral singe und hie und da auch die Orgel spiele. Ja noch mehr. Hr. Strobl mußte für Herrn Ritter v. Renkomm Messen von Michl Haydn in Partitur geschrieben nach Paris senden. Diese Arbeit übertrug Hr. Strobl mir und so durfte ich in seinem Zimmer neben seinem Schreibpult die Auflagstimmen in Partitur (Spart) schreiben. Auf diese Weise lernte ich ungeheuer viel, denn ich wurde mit dem ganzen Bau der Composition vertraut und namentlich mit dem vierstimmigen Satz - auch interessierte mich und gefielen mir die mannigfaltigen Violinfiguren und die großartigen Fugen.

Leider starb Hr. Strobl unverhofft noch im selben Jahre und es trat natürlich auch für mich eine Änderung ein. Der bisherige Stifts-Organist Herr Moriz Treml wurde Chorregent und Herr Vincenz v. Lasser Organist. Hr. Treml zog ins Quartier, das Hr. Strobl inne hatte, und ich kam in ein Privathaus, mußte also Quartier zahlen, aber wo hernehmen ? In St. Peter hatte ich nur die Kost. Es mochte mir da wohl bange werden für die Zukunft, denn meinen Vater anzukommen getraute ich mir nicht recht, denn ich hatte noch 5 unversorgte Geschwister zu Haus; daher ich wohl nichts anderes konnte, als auf den lieben Gott vertrauen und Gott Lob und Dank: Er verließ mich nicht, denn unerwartet schnell kam Hilfe. Bei der Abhandlung des sel. Hrn. Strobl, die Herr Dr. Widowisch führte, wurde ich mit diesem Herrn bekannt, und nachdem er sich um meine Verhältnisse erkundigt, die ich ihm genau angab, fragt er mich, ob ich nicht für ihn Noten abschreiben möchte; dies sagte ich ihm natürlich mit Freuden zu - und so bestellte er mich für den nächstfolgenden Tag und gab mir die damals berühmte deutsche Schliermesse zum Abschreiben und so mußte ich ihm dieselbe wenigstens ein paar dutzend mal abschreiben, die er dann den Landchören spendierte. So war ich wenigstens, weil mich Herr Doctor nach jeder Messe gleich bezahlte, auf eine Zeit geborgen, da er mir auch Actenstücke zum Abschreiben gab. Da mir aber sehr daran gelegen war, ein tüchtiger Organist zu werden, so benützte ich jetzt jede Gelegenheit, um in andern Kirchen einen Organist zu hören, um etwas zu lernen, und da war es vorzüglich die Domkirche bei den Conventämtern, welche um 8 Uhr gehalten wurden und wo mir das Orgelspiel vom Hrn. Domorganisten Kracher so sehr gefiel.

Es trat für mich wieder ein erfreuliches Ereignis ein. Hr. treml war zugleich auch durch seine Heirath mit der Witwe des früheren Stadtorganisten Stadtorganist geworden, der St. Andrä, St. Sebastian und das Bürgerspital zu versehen hatte. Als Chorregent mochte es ihm zu viel sein, und so schickte er mich auf diese Chöre seinen Dienst zu machen, und da wurde ich mit den Dommusikern, namentlich mit Herrn Leopold Deisböck bekannt, dem ich gefragt meine Verhältnisse offenherzig sagte; er war und blieb mir ein treuer Freund, der mir dann später manchen Verdienst zukommen ließ.

Im Februar 1841 verließ der damalige Organist im Collegium Hr. Gstöttner Salzburg, da er nach Seekirchen kam, und an seine Stelle kam dann ich als Organist; da wurde es Gott Lob schon wieder leichter für mich. Weil ich auch Horn und Trompete blasen konnte, so wurde ich oft von Musikern, die auf dem Lande sich durch Tanzmusiken mehr verdienten, ersucht, für sie im Theater im Orchester zu blasen, wodurch ich mir auch wieder etwas verdiente - auch Pauke schlug ich dann im Theater. Aber wenn ich um Kirchendienste ersucht wurde, so bekam ich nichts als einen schönen Dank, aber das machte mir gar nichts - ich profitierte dabei und machte mir dadurch Freunde, so verbesserte sich auch meine Lage.

Im Jahre 1841 gründete Herr Schlier einen Musik-Übungsverein mit monatlichen Concerten beim Hofwirth, wobei die besten Gesangs- und Instrumentalkräfte mitwirkten und bei welchen, sowie auch bei anderen Concerten ich als Pianist fungierte. Diese Concerte trugen mir ein annehmbares Honorar. Die größte Freude aber hatte ich, wenn ich nach Maria-Plain zu gehen hatte; denn nach Maria-Plain wurde an bestimmten Festtagen, namentlich an Marienfesten von St. Peter aus ein Organist mit einem Sopranisten und Altisten geschickt, und da traf es immer mich und diese Dienste wurden immer separat bezahlt. So war ich z.B. in der Hl. Nacht immer in Maria-Plain. Eben um diese Zeit kam auch der rühmlichst bekannte P. Peter Singer nach Salzburg; da darf ich wohl nicht unerwähnt lassen, daß ich mich, wenn es mein Dienst in St. Peter erlaubte, in der Franziskanerkirche einfand, um dem herrlichen Orgelspiel P. Peter's zu lauschen und ihm Manches abzugewinnen; ja, ich wagte mich sogar aufs Chor und wirkte als Tenorist mit und so wurde ich denn auch mit dieser musikalischen Größe bekannt. Als bald darauf die alte Orgel abgerissen und vom Orgelbaumeister Heinrich aus Steinbach in Tirol die neue Orgel mit 32 Registern gebaut wurde, erhielt ich sowohl von Hw. P. Peter als dem Orgelbauer die Erlaubnis, weil mich der Orgelbau sehr interessierte, ungeniert zu kommen. So lernte ich den innern Bau der Orgel, sowie auch die verschiedenen Klangfarben der einzelnen Register und ihre Mischungen kennen. so auch das Temporiren und Stimmen der Pfeifen; durfte sogar, wenn wieder ein Register eingesetzt und gestimmt war, spielen, so lernte mich P. Peter als Organisten kennen und ich galt viel bei ihm, er gab mir auch seine metaphysischen Blicke in die Tonkunst im Manuskript zu lesen, da lernte ich natürlich sehr viel daraus. Als er im Jahre 1843 zu einer Kapitelversammlung nach Tirol reisen mußte, durfte ich ihn, wenn ich von St. Peter dienstfrei war, supplieren. Fast gleichzeitig wurde vom Orgelbaumeister Moser die große Domorgel restauriert. Es ist wohl selbstverständlich, daß ich mich dabei alle Tage einfand und zwar mit Erlaubnis Herrn Mosers. Dabei interessierte mich die 9fache Mixtur, die er schon auf dem Pfeifenstock hatte und deren Zusammensetzung er mir explizierte.

An hohen Festtagen kam gewöhnlich auch Hr. Theaterkapellmeister Alois Toux nach St. Peter und spielte meistens zum Offertorium ein Violin-Solo. Da traf es sich einmal, daß ich, weil Herr Organist v. Lasser unpäßlich war, die Orgel spielen mußte; dabei bemerkte ich, daß Herr Toux auf mein Spiel Acht hatte. Als ich nach dem Stella coeli längere Zeit präludieren mußte, bis der Hw. Herr Prälat mit seiner Assistenz in der Sakristei war, so stellte sich Hr. Toux neben mich hin und beobachtete mich. Nach dem Gottesdienst fragte er mich, ob ich Zeit hätte mit ihm zu gehen, und dies bejahend begleitete ich ihn bis zu seinem Quartier. Er fragte mich um meine Verhältnisse, die ich ihm natürlich aufrichtig sagte, da meinte er - ich sollte nach Prag ins Conservatorium gehen - er würde mir um einen Platz behülflich sein, weil er selbst im Conservatorium war; allein mein Vater, dem ich's schrieb wollte nichts davon wissen, weil er die Mittel nicht dazu hatte, doch erlaubte er mir, daß ich bei Herrn Toux Privatstunden nehmen durfte, und so geschah es auch. Herr Toux gab mir gegen billiges Honorar Unterricht in der Harmonie- und Compositionslehre, den ich mir sehr angelegen sein ließ und worin tüchtige Fortschritte machte, so daß Herr Toux mit mir immer sehr zufrieden war. Als Lehrbücher hatten wir Gottfried Weber und Albrechtsberger. Besonders übte er mich im 4stimmigen Satze, und da ich mich leicht zurecht fand, fragte er mich, ob ich vielleicht schon Untericht im 4stimmigen Satze genossen habe. Als ich ihm vom Partiturschreiben der M. Haydn'schen Compositionen erzählte und sagte, daß mich der 4stimmige Satz Haydn's so sehr angesprochen habe, erwiderte er mir: da haben sie unbewußt eine gute Schule durchgemacht, halten sie daran fest. Die Beispiele, die mir Herr Toux zur Ausarbeitung aufgab, bestanden nur in einer Notenzeile mit beziffertem Generalbaß . Diese mußte ich in Octav, Terz und Quintlage in allen 12 Tonarten ausarbeiten, Ich muß dabei aufrichtig bekennen, daß ich in der Ausarbeitung oft hirnrissige Fehler machte, allein durch die weitere Anleitung meines verehrten und geduldigen Herrn Lehrers wurden diese Fehler bis zur nächsten Stunde fehlerfrei gemacht. Später kamen schon längere Aufgaben. Gegen ende September, als das Theater wieder eröffnet wurde, kam ich als Chorist in's Theater , mußte somit alle Chöre bei den Opern und bei den Parodien auswendig lernen, wozu wir alle Tage Vormittag 3 Stunden Probe hatten. Dies war für mich wieder ein bedeutender Verdienst, denn ich bekam für eine Oper 4 fl. Reichs-Währung und bei einer Parodie 1 fl. 12 kr. R-W als Honorar. Alle 14 Tage wurde eine Oper gegeben und wöchentlich gewöhnlich ein oder zwei Parodien (Lokalpossen mit Gesang); hatte ich auf der Bühne nichts zu thun, so konnte ich im Orchester mitwirken, wofür ich für Horn oder Trompetenblasen 48 kr. und für Paukenschlagen 36 kr. bekam. So änderte sich nichts besonderes für mich bis zum November 1842, wo ein Wendepunkt für mich eintrat, der für meine Zukunft entscheiden sollte. Hier muß ich, weil gerade vom Jahr 1842, in welchem das große Mozartfest gefeiert wurde, eine Bemerkung einschalten. Obwohl auch dazu eingeladen, nahm ich als Mitwirkender keinen Antheil; wohl durfte ich mit Herrn Kapellmeister Toux die Proben, die im Fürstensaale in der Residenz abgehalten wurden, besuchen. Da lernte ich die Directionen der Herrn Dirigenten Franz Lachner, Pott und Neukom kennen. Erstere zwei dirigierten die Concerte und Herr Neukom die Kirchenproduktionen. Als Solisten waren unter Andern Frau Hasselt-Barth und Herr Staudigl, welcher aber leider öfters nicht gut intonierte. Das Credo bei der großen Mozartmesse in C-Dur beim feierlichen Hochamte im Dome wurde allgemein einer scharfen Kritik unterworfen, da das Tempo zu langsam genommen wurde. Bei diesen großartigen Productionen nahmen Künstler erster Größe Theil. Wie oben bemerkt trat für mich im November 1842 ein Wendepunkt ein. Wie im Vorjahr ward ich wieder Chorist im Theater. Es wurde Rossinis Oper Willhelm Tell gegeben. Bei der Szene mit dem großartigen Chor: "Laßt Flammen wüthen, plündert die Hütten" wurde anstatt des rechten Feuers bengalisches Feuer angezündet, welches einen furchtbaren Rauch verursachte und um diesen zu vertreiben, wurde seitwärts der Coulissen das große Thor geöffnet, durch welches, weil es sehr kalt war, eine scharfe, schneidende Luft hereinströmte; ich war in nächster Nähe dieses Thores; der Chor noch nicht zu Ende, als ein ziemlich heftiger Luftzug mir den Rauch in den Hals wehte, so daß mir dadurch der Ton umschlug - ein Brennen fühlte und einen heftigen Husten bekam ich - und aus wars mit dem Singen. Am folgenden Tage war ich heiser und eine Anschwellung des Halses stellte sich ein, dabei erkannte ich, daß es mit meiner Tenorstimme aus sei und so war es auch - ich konnte gar nicht mehr singen, das machte mich ganz verzagt - was jetzt anfangen - wie wird es mir in St. Peter gehen, wenn ich nicht mehr Tenor singen kann; jedoch P. Ambros Brennsteiner, der damals Chor-Inspector war, meinte, es sei nicht gar so arg, wie ich's mir vorstelle, die Stimme werde schon wieder kommen, allein es war nicht so! Und gerade rückte noch dazu die hl. Adventzeit heran. Aber da wurde Herr Organist v. Lasser unpäßlich, und so mußte ich bei den Roraten und andern Ämtern die Orgel spielen, so war wenigstens auf eine kleine Zeit geholfen.Allein, ich überlegte die Sache, denn es war mir doch um meine weitere Existenz zu thun; deshalb wendete ich mich an den Hochw. Herrn Cooperator Fellmoser, der damals in Siezenheim war und den ich schon in Kirchberg als Katecheten hatte, der mir schon als Knabe sehr gewogen war und bath ihn mir zu rathen, was ich jetzt anfangen soll; er gab mir den Rath, ich solle in's Schullehrer-Seminarium gehen, meine Musikkenntnisse würden mich bestens empfehlen und in den Gegenständen würde er mich einwenig vorbereiten, auch würde er mit Hochw. Herrn Schuloberaufseher Kettnar, mit Hernn Director Hoch-Müller, mit denen er sehr gut bekannt war, bezüglich der Aufnahme sprechen und mich recommandiren. Schon am folgenden Tage ging er nach Salzburg und so erhielt ich gleich die Weisung, dass ich um die Aufnahme ansuchen solle, und dies geschah sogleich, da nicht viel Zeit zu verlieren war, denn die Aufnahmeprüfungen waren schon am 2. und 3. Jänner 1813. Ich erhielt die Aufnahme und trat am 1. Februar als Präparand in's Lehrerseminar. Dabei hatte ich die Begünstigung, dass ich meine Dienste sowohl in St. Peter als auch im Collegiom ungehindert verrichten durfte; nur Herrn Treml als Stadtorganist konnte ich nicht mehr aushelfen; da trat aber Herr Münch, der bei Herrn von Lasser Unterricht nahm, an meine Substitutionsstelle. Meine Stimme wurde etwas besser, aber es wurde eine Baßstimme aus ihr, die ich auch in St. Peter brauchen konnte. In diesen zwei halbjährigen Kursen hat sich bei mir nichts geändert. Im 2. Kurse wurde ich Sentor und Musikdirigent - dabei machte ich einige kleine Versuche in der Komposition, welche mir gut gelangen, denn Herr Kapellmeister Taux, der auch im Seminar wöchentlich für die Präparanden eine Stunde gab, war damit recht zufrieden, ebenso Herr Deisböck, den wir als Choral-Lehrer hatten.

Am 31. Juli 1844 absolvierte ich die 2jährigen Präparandenkurse. Wenn ich nun vor meiner Abreise aus der liebgewonnenen Mozartstadt Salzburg einen Rückblick mache, so ist es salzburg, welchem ich meine musikalischen Kenntnisse zu verdanken habe. Besonders waren es die Kompositionen von Mich. Haydn, die mich immer mehr als andere Kompositionen ansprachen, weil es allgemein hieß, M. Haydn habe den rechten Kirchenstyl. Zudem wurden in St. Peter alle Sonn- und feiertage das ganze Jahr hindurch Gradualien, meistens auch Offertorien von M. Haydn gesungen - hatte der Hochw. Herr Prälat das Hochamt, so mußte immer eine M. Haydn'sche Messe aufgeführt werden. Ein solches Hochamt dauerte gewöhnlich 2 Stunden. Eine große Vorliebe hatten wir Musiker für gewisse Haydn'sche Kompositionen. Am meisten gefielen mir die responsorien in der Karwoche., bei welchen ich immer die Orgel spielen mußte, weil Lasser im Oratorium die Lamentationen, welche die Hochw. Herrn Konventualen sangen, mit dem Pianoforte begleiten mußte.

Meine erste Anstellung war der Schulgehilfendienst zu Stum im Zillertal mit einer Besoldung von 60 fl. für die Winter- und 30 fl. für die Sommerschule. Die Kost mußte ich mir selbst schaffen. Hier komponierte ich kleine lateinische Messen und Lieder. Am 3. und 4. August 1846 machte ich in Salzburg die Lehrerprüfung und bestand sie auch. Zugleich wurde mir angekündigt, daß ich als Schulgehilfe nach Ebbs versetzt werde, und daß ich daselbst auch den Chordienst zu versehen habe. Ende September kam ich nach Ebbs. Hier ließ ich mir den Chor recht angelegen sein, weil gute Musikkräfte da waren. Hier komponierte ich schon größere lateinische Instrumentalmessen und Vespern, so auch deutsche 4stimmige Messen und Lieder. Auf dem Chore waren nur Compositionen von Bauer, Schmid, Bühler und Donat Müller.

Da kamen die Märztage des sturmbewegten Jahres 1848. Der alte Tiroler Patriotismus erwachte wieder und allenthalben bildeten sich Scharfschützen-Companien zur Landesvertheidigung um an die italienische Grenze zu ziehen. Auch mich erfaßte Kampfeslust und ich zog mit der II. Kufsteiner Compagnie unter Herrn Hauptmann Alois Kraft nach Welschland. Da bei der Compagnie Musikanten waren, so beschloß Herr Hauptmann eine Musikbande zu errichten, deren Leitung dann mir anvertraut wurde. So waren dann unser 12 Mann bei der Musik. Ich componierte frische, lustige Märsche und andere heitere Sachen, die wir gewöhnlich, wo wir übernachteten, probirten und studirten und während des Marsches tüchtig übten und so auswendig lernten. Am 9. Juni zogen wir in Kuftstein fort, der Donner der Kanonen von der Festung und eine große Zahl Einheimischer begleitete uns bis Endach. So kamen wir am dritten Tage nach Innsbruck; dort tagte gerade der Landtag. Aber auch seine Majestät Kaiser Ferdinand hielt sich in Innsbruck auf, weil er sich in Wien flüchten mußte. In Innbruck angekommen stellten wir uns vor der Hofburg auf und Se. Majestät musterten in Begleitung vieler hoher Offiziere, die uns übrigens bis zum Löwenhause entgegen kamen, die Mannschaft, während wir die Volkshymne spielten. Hatte schon in Innsbruck unsere Musik - wo wir Musiker in voller feldmäßiger Ausrüstung mit dem Stutzen auf dem Rücken einmaschieren Aufsehen gemacht, so wurden wir auch von den Bewohnern Innsbrucks außerordentlich und freundlich aufgenommen. Unsere Musik bestand aus 12 Mann. In Innsbruck waren Deputationen aus dem ganzen großen Kaiserreich zu sehen. Die Ungarn, Kroaten und Dalmatiner in ihrer malerischen Nationaltracht. Die Schützen hielten die Wache. In Innsbruck hatten wir Rasttag. In Steinach wurden wir von der ausgezeichneten Musikbande eingeleitet, welche 1/2 Stunde ehevor die Wippthaler- und Stubaier-Schützen auch eingeleitete. Diese kamen vom Kriegsschauplatze zurück, hatten 5 Verwundete und eine Menge erbeuteter Gewehre bei sich, sie kamen von Storo. So bekamen wir von unten schon den ersten Eindruck, wie es im Kriege zugeht und was uns erwartet. Dann ging es über den Brenner nach Brixen.

Hier stellten wir uns im Hofe der fürstbischöflichen Residenz auf und erhielten vom damaligen hochwürdigen Fürstbischofe Galura eine kleine Predigt und den bischöflichen Segen. Hier hatten wir Rasttag. Einmarschiert sind wir Musiker überall in voller Rüstung mit dem Stutzen auf dem Rücken. Dies machte großes Aufsehen. Am Dreifaltigkeitssonnatg marschierten wir unter einer furchtbaren Hitze in Bozen ein und wurden von Sr. Hoheit dem Erzherzoge Rainer empfangen. Daß uns die Gegenden, wie die Städte und Dörfer sehr interessierten und gefielen, besonders die Weinberge, darf ich wohl nicht erst erwähnen. In Bozen Rasttag.

In Bozen erhielten wird Ordre, daß wir auf den Tonal marschieren sollen. Beim Abmarsche von Bozen mussten wir schon auf hohen Befehl scharf laden, denn es geht in Feindesland, so hieß es. Wir marschierten nach Kaltern, durften dort die Kalterer Jungfrau besuchen, dann gings von dort über das steile Mendelgebirge unter einer furchtbaren Hitze und wir kamen gegen Abend in Fondo an. Die Bewohner von Fondo machten sauere Gesichter als wir einmarschierten. Also waren wir schon in Feindesland! Dies verspürten wir zwar schon auf der Mendola, auf welcher der Wirth ein wälscher war, wo wir ums theure Geld nichts bekommen konnten und sozusagen Gewalt anwenden mussten, dann bekamen wir alles recht gut. Kein Wort deutsch – es hieß immer „niente capisco“ oder „niente tedesco“. Des andern Tages gings auf steinigem Wege durchs Ronsthal resp. Ronsberg nach Male, wo bereits eine Finanzwache-Abteilung da war und uns empfing. Die Malner machten aber noch mehr saure Gesichter als die Fondoer; doch das genierte und gar nichts, sie hatten ja am Ostersonntag von den Kaiserjägern und Kalterer Schützen eine derbe Lection erhalten, besonders ein reicher Conte.

Am nächsten Tag war Frohnleichnam. Um 4 Uhr früh hatten wir in der Pfarrkirche unsere Hl. Messe, bei welcher wir wie immer, Haydns „Wir werfen uns darnieder“ bliesen. Unser Feldkaplan war der Hochw. Herr Wilhelm von Tarnoczy. Nach der Messe marschierten wir frisch und frohgemuth hinein ins schöne Sulzthal, denn es war ein wunderschöner Morgen und nicht mehr eine so große Hitze, nach unserem Bestimmungsort Mezzano. Von hier aus mussten wir eine bestimmte Zeit bei Tag und Nacht patrollieren und alle anderen Tage zum äußersten Vorposten auf dem Tonal marschieren. Als am 1. Juli die Hopfgartner Companie unter Herrn Hauptmann Franz Friedrich heimmarschierte, kamen wir nach Orsarna – Cesiano. Unser Oberkommandant war der k.k. Hauptmann Bonn in Belizavo. Im Ganzen werden unser bei 5000 Mann, bestehend aus Kaiserjägern, Badnern, Finanzwache und verschiedenen Schützenkompagnien im Sulzthale verteilt gewesen sein. Wir kamen aber nie in ein Gefecht, obwohl wir etliche male alarmiert wurden.

Am 23. Juli war unsere Dienstzeit aus und wir marschierten diesmal über Mezzolombardo nach Bozen und von dort nach Meran über Jausen und Sterzing. In Meran hatten wird die Ehre vor Sr. Majestät der Königin von Württemberg ein Serenade zu machen, was Sr. Majestät so gefallen hat, dass sie mir persönlich 30 Guldenstücke in die Hand gab. Am 6. August marschierten wir Nachmittag wieder wohlbehalten, unter Donner der Kanonen von der Festung und unter zahlreicher Begleitung sowohl von Civil, wie von Militär in Kufstein ein, hatten dann natürlich im Postgarten einen heitern Abend, und nach dem Dankgottesdienste nahmen wir schmerzlich Abschied von unserem verehrten Herrn Hauptmann, den wir sehr lieb hatten, denn er hat wirklich wie ein Vater auf seine Leute geschaut und ist immer mit der Compagnie hin und heim zu Fuß gegangen; auch der Abschied von den übrigen 3 Herrn Offizieren, dem hochw. Herrn Feldkaplan und Compagnie-Doktor – so auch der gegenseitige Abschied fiel uns schwer und dann gings nach Hause, ich nach Ebbs. (Nachzutragen wäre noch, daß, wenn wir von einem Orte ausmarschierten und in andere, wo wir übernachteten, einmarschierten, immer das Gebet geblasen wurde. Ebenso hatten wir alle Tage Abends bei Herrn Hauptmann Musik). Daß es bei diesem Feldzuge manchen heitern Auftritt gab, läßt sich denken, überall im deutschen Antheile wurden wir herzlich empfangen und ausgezeichnet gut bewirthet in den Quartieren. Als Erinnerung an diesen Feldzug bekamen wir im Jahre 1849 von Sr. Majestät dem jetzt regierenden Kaiser „Franz Josef“ die silberne Tapferkeits-Medaille. Vom Herrn Hauptmann erhielt ich ein schönes Dankschreiben für meine Dienstesverrichtungen.

Also war ich wieder in Ebbs und verrichtete meine Dienste in Schule und Chor, wie ehevor, und komponierte fleißig. Am 30. November erhielt ich von der k.k. Schuldistrikts-Inspection Kufstein das Dekret als Schul und Chorgehilfe in Kufstein, welche Dienste ich sofort anzutreten hatte. Am 2. Dezember 1848 reiste ich dorthin und übernahm beide Dienststellen. Dabei habe ich nur das Wenige zu bemerken, daß ich bei Herrn Chorregenten Bernstein wieder viel profitierte, er war ein tüchtiger Componist, und so wurden wir auch gute Freunde.
Am 12. März 1851 starb Herr Chorregent Bernstein und mir wurde die Chorregentenstelle provisorisch übertragen. Jetzt begann die Zeit meiner Wirksamkeit. Da die hinterlassenen Kinder Bernsteins die vielen Musikalien ihres Vaters , der auch fleißig schrieb und componierte, zu sich nahmen, auf dem Chore aber nur Compositionen von Bühler, Debler, Emmerig, Ohnewald, Pausch, Dreier ja auch sogar von Holzmann sich befanden und die Musiker nicht mehr Lust hatten bei solchen Compositionen mitzuwirken, so war meine Hauptsorge auf gute Musikalien gerichtet. Zwar hatte ich schon in Salzburg Musikalien abgeschrieben, allein das langte alles nicht, denn der Dienste waren zu viele und mannigfaltige. Was nun thun? Ich verlegte mich einfach aufs Componieren und zwar vorerst auf das Allernothwendigste. – da wurde denn Albrechtsberger wieder zur Hand genommen und fleißig studiert. Ebenso verlete ich mich aufs Notenabschreiben. Herr Deisböck war so freundlich, mir zu leihen, was ich brauchte. So schrieb ich fleißig nach den Schulstunden, ja oft bis in die Nacht hinein und nicht selten kam ich erst um 3 Uhr früh ins Bett um nur einige Stunden zu ruhen.

Und so ging das Abschreiben und Komponieren fort bis auf den heutigen Tag, nur mit dem Unterschiede, dass ich seit beiläufig 10 Jahren nicht mehr in die Nacht hinein schreiben konnte, weil dies meine Augen nicht mehr zuließen. Es war auch öfters der Fall, dass ich wochen-, ja monatelang wegen Überanstrengung nicht mehr schreiben durfte und konnte. Im Jahre 1854 verehelichte ich mich – alle 3 Kinder und die Frau starben im Jahre 1857.

Als sich im Jahre 1859 eine Liedertafel organisierte, ward ich bei der selben als Chormeister gewählt. Die Kufsteiner Liedertafel bekam einen guten Klang. Diese Stelle bekleidete ich volle 25 Jahre und feierten auch unser 25 jähriges Jubiläum im Jahre 1884, an welchem sämtliche Sängervereine Tirols und der Sängerbund „Frohsinn“ von Fünfhaus aus Wien teilnahmen. Nach dem Feste trat ich als Chormeister gesundheitshalber ab und erhielt als Andenken einen goldenen Ring.

Am 28. Jänner 1860 erhielt ich die Chorregentenstelle definitiv, wurde zugleich von dem Schuldienste enthoben und verehelichte mich zum 2. Male. Es wurde mir die Kapellmeisterstelle der Bürgermusik übertragen, die ich 12 Jahre versah.

Am 2. Dezember 1873 erhielt das k.k. Militär und die Schützen, die ausgezogen waren von Sr. Majestät unseres erhabenen Kaisers Franz Josef zu seinem 25jährigen Regierungs-Jubiläum eine Denkmünze mit der Weisung, dieselbe neben der silbernen Tapferkeits-Medaille tragen zu dürfen.

Als im Jahre 1879 der sel. General-Präses des Cäcilienvereins Dr. Franz Witt bei seiner Durchreise den Wunsch äußerte, in Kufstein die Generalversammlung des Salzburger Cäcilienvereins verbunden mit einer musikalischen Produktion abzuhalten, so übernahm ich die Direktion des musikalischen Teils. Dieselbe wurde mit Hochamt und Predigt und Nachmittagsproduktion am 12. August 1880 abgehalten, an welcher sich geistliche und weltliche Herren aus 16 Diözesen beteiligten. Die Musik wurde nur von den Chormusikern Kufsteins ausgeführt, die öffentl. Musikblätter haben ein günstiges Urteil gefällt.

Die Namen sämtlicher P.T. Herrn Teilnehmer bei dieser Generalversammlung sind nach Diözesen geordnet, sowie die ausübenden Chormusiker in einer blechernen Büchse im Turmknopfe der Pfarrkirche, welcher zwei Jahre später aufgesetzt wurde, mit anderen wichtigen Begebenheiten der Stadt Kufstein aufbewahrt. Unter den Teilnehmern waren unter andern auch der hochw. Herr Vizepräsident Könen aus Köln und hochw. Herr Friedrich Schmidt aus Münster gegenwärtig. Hochw. Generalpräses war durch Unwohlsein verhindert.

Dass es in Kufstein viele Festlichkeiten und Unterhaltungen gab, an denen ich mit der Bürgermusik (die nötigen Musikalien arrangierte ich selbst und schrieb sie ab) ebenso auch mit der Liedertafel teilnehmen musste, ist wohl selbstverständlich. Zu diesen Festlichkeiten gehören die feierlichen Eisenbahneröffnungen Kufstein – München und Kufstein – Innbruck. Dazu kamen die Konzerte und die Ausflüge der Liedertafel.
Seit dem ich dir Chormeisterstelle bei der Liedertafel niedergelegt habe, nahm ich an keiner weltlichen Festlichkeit oder Unterhaltung teil, es forderte dies hauptsächlich mein Gesundheitszustand; ich blieb einzig und allein nur bei meinen Kirchenchordiensten, wo ich an meinen Musikern, die mir, obwohl nur Dilettanten, immer sehr fleißig aifs Chor kamen und gut harmonierten, die große Freude hatte. Diese sind wohl fast alle meine Schüler und Schülerinnen, denn seit dem Jahr 1851, in welchem mir der Chorregentendienst übertragen wurde, unterrichtete ich junge Leute, besonders ließ ich mir recht angelegen sein, Kinder im Sopran und Alt zu unterrichten; so hatte ich denn immer einen ausreichenden guten Vokalchor. Es traf da öfters wohl zu, dass ich für meine Mühe und Plage, obwohl ich den Unterricht unentgeldlich gab, von einzelnen Schülern keinen Dank davontrug - aber ergeht es vielen andern Herrn Kollegen besser ?

Der 13. Februar 1885 war für mich und meine Familie ein großer Freudentag, denn an diesem Tage feierten wir unseren 25. Hochzeitstag. Sr. Hochwürden und Gnaden, der nun selige Herr Regens des f.e. Borromäums Monsignor Johann Zimmermann, mit dem ich mütterlicherseits verwandt war, lud uns freundlichst ein, diesen Freudentag bei ihm zu feiern. So hatte ich die Ehre mit meiner ganzen Familie, bestehend aus mir, meiner Frau, 3 Söhnen und einer Tochter bei ihm bleiben zu können. Hochw. Herr Regens beglückte uns mit einer sehr schönen, herzlichen Ansprache und mit einer Hl. Messe, die erselbst zelebrierte. Zu Hause hätte die ganze Familie nicht beisammen sein können, da zwei Söhne in Salzburg studierten, und zwar Johann im 1. Kurse Theologie; Franz in der VII. Klasse im f.e. Borromäum. Dem guten Herrn Regens sei für diese große Freude, die er uns so liebreich bereitet hat, von ganzem Herzen tausend Dank gesagt und der liebe Gott wolle ihm jetzt dieses im Jenseits reichlich vergelten.

Der 31. Juli 1887 war für uns wieder ein großer Freudentag, denn an diesem Tag feierte unser Sohn Johann sein erstes hl. Messopfer.
Ebenso war der 27. Juli 1890 nicht minder wieder ein großer Freudentag, denn an diesem Tage feierte unser Sohn Johann sein erstes hl. Messopfer.

Für beide Söhne komponierte ich eine eigene instrumentierte Festmesse mit Graduale und Offertorium; auch wurde jedes mal der betreffende Introitus und Post-Communio choraliter gesungen. So erwarteten auch wir hoffnungsvollst auch von unserm jüngsten Sohne Josef, der gegenwärtig im f.e. Borromäum die VI. Klasse studiert, dass er seinen beiden Brüdern, wenn es Gottes Wille ist, nachfolgt.

Jetzt bleibt noch die Erwähnung von meinen Kompositionen übrig. Bereits habe ich das 273. Opus vollendet. Ein Opus besteht aus 2, 3, 4, 5 oder 6 gleichen Nummern, komponiert habe ich ca. 50 Instrumental-Messen, darunter Festmessen mit vollständigem Text; 10 Instrumental-Vespern mit Psalmen fürs ganze Kirchenjahr; 2 Requiem instr. Viele Instrumental-Gradualien, Offertorien, mit Blechmusikbegleitung, ferner 4 Miserer, 1 Stabat Mater ebenfalls instrumentiert, drei- und vierstimmige deutsche und lateinische Messen und Requiem und Litaneien, Pange lingua, Tamtum ergo, ja überhaupt alles, was zum Gottesdienste, besonders zu den Anforderungen meines Chores gehörte.

Die deutschen Lieder, die ich nicht in Opus, sondern in Nrn. eingeteilt habe, machen über 100 Nrn. aus, wobei eine Nummer zwei, drei oder vier Lieder enthält. Es sind dies Marienlieder und Adventlieder größtenteils instrumentiert, Weihnachts- und Osterlieder.

So habe ich auch zu verschiedenen Festlichkeiten hier und auch hinaus aufs Land Chöre und Lieder komponiert. Für meine Musikschüler komponierte ich den 18. Und 24. Psalm aus Nickels deutscher Übersetzung mit vollständigem Texte aus Notenbeispielen, die ich zur Übung auf die Tafel schrieb.

Unter anderem komponierte ich im Jahre 1885 zum S. Robert Weißenhofers Passionsspiele in Vorderthiersee die ganze Musik, bestehend aus 27 Nummern; ebenso zu Bernadette und die die Lourdes Mutter-Gottes.

Auch komponierte ich zu den Unterhaltungsabenden des Cäcilienvereins in Hall mehrere weltliche Chöre, die immer mit Beifall aufgenommen wurden. Drei davon und zwar „Des Gesellen Abschied“ für 4 stim. gemischten Chor, „Blumengebet“ und „O Wunderschöner Wald“ für 2 stimmigen Frauenchor, alle mit Pianoforte hat Herr Alfred Coppenrath (Pawelk) in Regensburg in Druck gelegt.

Als ich im Jahr 1872 den Cäcilienverein kennen lernte, schloß ich mich auch an und besuchte im Jahr 1872 die Generalversammlung in Brixen, 1874 jene in Regensburg, sowie 1876 die in Graz, 1885 in Maria-Plain, zum öftern und die in Hall, wohin auch auch Offertorien komponierte. Als ich einmal am hiesigen Bahnhofe bei einer Durchreise Herrn P. Peter traf, redete er mich also an: Sie sind jetzt Cäcilianer geworden! Ich gab nur die kurze Antwort: ernster bin ich geworden! Bei dieser Gelegenheit kann ich die Bemerkung nicht übergehen, daß, wenn ich in Salzburg die jetzige cäcilianische Richtung kennengelernt hätte, viele meiner früheren Kompositionen ganz anders ausgefallen wären, als dies der Fall war; jedoch hoffe ich, daß man deshalb nicht mit Steinen auf mich wirft, denn ich habe mein Talent, das mir der liebe gütige Gott anvertraut hat, gewiß nach meinen besten Kräften angewendet und habe große Hoffnung, somit getrost eines gnädigen Urteils im Jenseits entgegensehen zu können.

So wäre ich denn am Ende mit meinen wichtigsten Erlebnissen. Es gäbe wohl noch Manches – Gutes und Schlimmes – allein ich käme damit wohl an kein Ende.

Zum Schlusse kann ich nicht umhin, meiner P.T. hochw. Herrn Vorgesetzten, welche immer so gut waren, zu gedenken, und zwar der hochw. Geistl. Herrn Räthe und Dekane Florian Prötzner, Wilhelm von Tarnoczy Dr. Matthäus Hörfarter in Kufstein; so auch des im Jahre 1880 verstorbenen hochw. Herrn Pfarrers von Ebbs, Franz Xaver Plenkelmüller. Der liebe Gott vergelte ihnen Alles tausendfach, was sie Gutes mir und meiner Familie so liebreich erwiesen haben. Jetzt ist es noch an mir, Herz und Hand zum lieben, guten Gott im Himmel zu erheben und Ihm für Alles Gute, das er mir und meiner Familie so reichlich zukommen ließ von ganzem Herzen zu danken und die demüthige, vertrauensvolle Bitte zu wagen, daß er uns fernerhin nicht verlassen wolle, und daß er mir, wenn es sein allerheiligster Wille ist, in seiner unaussprechlichen Güte, noch recht viele Jahre schenke, auf daß ich ihm hier auf Erden nach meinen Kräften Lob und Preis singen kann; auch unsere liebe Mutter Gottes, zu deren Ehre ich so viele Lieder komponierte, bitte ich von ganzem Herzen, daß auch sie am Throne Gottes gütigst für uns bitten wolle, auf daß wir einst gewürdigt werden, vereint im Himmel mit allen Auserwählten glücklich zu sein und ewig lobsingen und anbeten zu können die allerheiligste Dreifaltigkeit – hochgelebt in alle Ewigkeit. Amen.

Kufstein, am Sonntag „Reminiscere“ 22. Februar 1891.

Johann Obersteiner

(Johann Obersteiner verstarb am 24. März 1896)

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Festmesse in Es-Dur Opus 237 - Johann Obersteiner

Festmesse in Es-Dur Opus 237

Johann Obersteiner
Musik für die Kirche

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