Variationen für Trompete in B oder F (1826) Josef Kail / Arr. Edward Tarr

Die vorliegenden Variationen für die Trompete in F sind die erste Komposition in der Geschichte für eine Solotrompete mit Ventilen. Mit dieser Ausgabe möchte der Verlag und Herausgeber auf seinen Komponisten, einen längst vergessenen Pionier, aufmerksam machen: Josef Kail (1795-1871), der erste Professor für Ventiltrompete am Prager Konservatorium. Seit er diese Position 1826 annahm und erst 1830 in Barcelona und 1833 in Paris vergleichbare Positionen geschaffen wurden, hat Kail sogar die Eigenschaft, der erste Professor für Trompete überhaupt zu sein. (Er ging 1867 in den Ruhestand.) Wie war die Situation um 1826? Erinnern wir uns, dass die Ventiltrompete erst seit etwa einem Jahrzehnt existiert hatte und zwei Vorläufer ersetzte: die Naturtrompete ("gewöhnliche Trompete") von Bach, Händel und Beethoven mit ihrer riskanten Intonation und die Klappentrompete von Haydn und Hummel mit ihrem Nasenton und ungleichmäßiger Ansprache mit geöffneten vs. geschlossenen Klappen. Als Meister der Ventiltrompete leitete Kail dann die moderne Ära des Spiels ein. Darüber hinaus war er eng an der Entwicklung zweier Ventiltypen beteiligt: des so genannten Wiener Ventils (1823) und des Drehventils (1835), beide in Zusammenarbeit mit dem Wiener Blechblasinstrumentenbauer Joseph Riedl (gest. 1840). Da es zu diesem Zeitpunkt keine Methoden für das neue Instrument gab, ganz zu schweigen von solistischen Werken, ging Prof. Kail an die Arbeit. Für seine Klasse schrieb er nicht nur eine Trompeten- und Flügelhornmethode, Trios und Quartette zu Opernmotiven für Blasorchester, sondern auch die allerersten Solowerke der Geschichte für Ventiltrompete oder ließ sie schreiben. Sie alle blieben in Handschrift. Eine davon ist die vorliegende Komposition. Andere von Komponisten wie Mozart, Grimm, Donizetti, Lindpaintner, Kalliwoda und Höfner sollen in autorisierten Ausgaben mit mcnaughtan erscheinen. Zwei solcher Werke aus Kail's Nachlass von C. Kreutzer und F. D. Weber sind bereits in modernen Ausgaben erhältlich.

Themen mit Variationen waren vielleicht die beliebteste Kompositionskategorie der Instrumentalvirtuosen des 19. Jahrhunderts. Die vorliegenden Variationen für die Trompete in F aus Kail's Feder wurden am 23. März 1827 während eines Konzertes des Prager Konservatoriums uraufgeführt. Der Solist, ein Karl Chlum, erhielt ein Jahr später sein Diplom und wurde dann Banddirektor in Österreich. Diese erste Demonstration der Fähigkeiten der Trompete als Soloinstrument, und zwar eine voll chromatische, war ein unvergessliches Ereignis und blieb nicht unbemerkt. Die Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung berichtete über die Veranstaltung: "Herr Chlum spielte Variationen der von Herrn Kail erfundenen chromatischen Trompete und lieferte erneut den Beweis, wie sehr die Trompete von dieser äußerst sensiblen Erfindung profitiert hat, indem sie, ähnlich wie die anderen Blasinstrumente, zum Soloinstrument erhoben wurde." Ein Vergleich mit beiden Vorgängerinstrumenten ergab einen kompletten Sieg für die Ventiltrompete: "Die chromatische Trompete hat gegenüber der verschlüsselten den Vorteil, dass alle chromatischen Intervalle perfekt darauf klingen, wie die Naturtöne der normalen Trompete." Diese früheste Solokomposition für Ventiltrompete zeigt eine ausgereifte Form mit Einleitung, vier Variationen und eine lebhafte abschließende Polonaise, ein Tanz, der damals sehr beliebt war. Ähnliche Werke in der virtuosen Literatur für andere Instrumente wie Geige oder Klavier lieferten genügend Modelle. Kail muss das Thema von woanders übernommen haben, denn wir kennen einen anderen, etwas späteren Variationssatz über das gleiche Thema aus St. Petersburg. Kail's Werk erinnert meisterhaft an die Natur der alten tiefen "Romantischen Trompete". Seinen warmen, gefühlvollen Ton zeigt er am besten in langsameren Sätzen wie der Einleitung, dem Thema und dem Adagio mit seinem sehnsüchtigen Charakter (4. Variation, in Moll). Schnelle Arpeggien hingegen (3. Variante), die auf der modernen B-Trompete leicht ausgeführt werden können, bringen dieses lange, etwas träge Instrument an seine Grenzen.